Paso Finos


Paso Finos – Die Pferde der „Conquistadores“

Anno 1493 … Christoph Columbus hatte ein Jahr zuvor Amerika entdeckt und nahm nun auf seiner zweiten Reise in die „Neue Welt“ Pferde aus Spanien mit nach Südamerika, um mit ihnen landeinwärts zu ziehen.
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An Bord seiner Schiffe entpuppte sich so manch reinrassiger Spanier dann als Pony oder Kreuzung, dennoch kamen während der darauf folgenden Jahre noch viele wertvolle Zuchtpferde aus Spanien. Auf den Nachkommen dieser zumeist von Andalusiern und Berbern abstammenden Pferden eroberten die Spanier Südamerika.
Die Zuchtziele für die „neue Rasse“ waren schnell gesteckt: man brauchte ein

  • bequemes,
  • gehfreudiges,
  • trittsicheres und
  • wendiges Reitpferd,

das problemlos lange Distanzen zurücklegen konnte.

Da der südamerikanische „Haciendero“ damals wie heute auch sehr großen Wert auf ein repräsentatives Reittier legt, züchtete man die Pferde sehr elegant und ausdrucksvoll. So entstand in dieser neuen südamerikanischen Kultur der heutige Paso Fino.

An die fünfhundert Jahre später betraten die Nachfahren dieser Pferde – nach einer Reise im Flugzeug und nicht wie zu Columbus Zeiten auf dem Schiff – wieder heimischen Boden. Inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen und die Paso Finos haben auch in Europa den gleichen Siegeszug angetreten wie in ihrer südamerikanischen Heimat.

Die meisten hiesigen Paso Finos leben in Deutschland, doch auch

  • in der Schweiz,
  • in Großbritannien,
  • Belgien,
  • Schweden,
  • Österreich,
  • Tschechien und
  • Spanien

ist ein starkes Interesse an diesen faszinierenden Gangpferden iberischer Prägung vorhanden.

Der Paso Fino ist ein sehr

  • ausdrucksvoller,
  • eleganter und
  • temperamentvoller Naturtölter.

Er bietet seinem Reiter einen äußerst bequemen Tölt, enorme Trittsicherheit und besondere Wendigkeit. Nicht ohne Grund werden Paso Finos oftmals auch als der „Cadillac unter den Gangpferden“ bezeichnet.

Paso Finos sind zugleich

  • edel,
  • sanft,
  • impulsiv und
  • strahlen eine unwahrscheinliche Präsenz aus

– eine Kombination von Energie, Arbeitswillen, Menschenbezogenheit und Temperament, die von den Südamerikanern mit dem spanischen Begriff „Brio“ bezeichnet wird und diese Pferde so einzigartig macht.

Schön und elegant

Paso Finos sind mittelgroße und sehr elegante, aber trotzdem belastbare und widerstandsfähige Pferde. Im Stockmaß variieren sie von etwa 140 bis 155 cm. In Kolumbien bevorzugt man eher einfarbige Pferde mit wenig Abzeichen, Paso Finos mit puertoricanischer Abstammung weisen oftmals mehr weiße Abzeichen auf. Aus diesen Pferden wurden in den USA auch Pinto Paso Finos (alle Varianten außer Tigerschecken) gezüchtet.
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Die Gangarten

Obwohl der Paso Fino in der Regel neben dem Tölt auch

  • Schritt,
  • Trab und
  • Galopp

zeigt, bewegen sich die meisten dieser Pferde in der ihnen angeborenen Gangart. Dabei ist die Fußfolge identisch mit dem Schritt. Perfekt ausgeführt ergibt sich dabei eine sehr gleichmäßige, fließende Bewegung, die den Reiter vollkommen ruhig und erschütterungsfrei im Sattel sitzen lässt.3a

Oberstes Kriterium ist immer die Weichheit des Ganges und nicht eine extreme und überzogene Aktion in Vor- oder Hinterhand. Eher wird noch eine vermehrte Aktion in der Hinterhand toleriert und erwünscht (im Fachjargon als „Hock Action“ bezeichnet).

Genauso viel Wert legt man auf die sogenannte „Quickness“, die Fähigkeit des Pferdes, den Tölt in einer je nach Veranlagung des Pferdes unterschiedlich schnellen Fußfolge auszuführen.

Verpönt sind bei den Paso Finos jegliche Passtendenzen. Insbesondere der kolumbianisch gezogene Paso Fino ist eher trablastig, findet jedoch unter dem Sattel bei entsprechender Konditionierung und Gymnastizierung sehr schnell zu einem natürlichen Tölt. Der typische Tölt des Paso Fino wird in drei unterschiedlichen Tempi und Versammlungsgraden geritten:

Classic Fino

Pferde mit der Fähigkeit, den Classic Fino auszuführen, sind besonders in Südamerika und den USA beliebt und die absoluten Show Stars. Mit ihrem überschäumenden Temperament und den ultrakurzen Bewegungen reißen sie auf Shows und Darbietungen die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hin.

Wenn sie im Viertaktstakkato über den „Fino Strip“ (eine Art Holzsteg zur Klangverstärkung) steppen, hält es keinen der Zuschauer auf seinem Sitzplatz. Die für den Classic Fino benötigte extrem schnelle Fußfolge bei höchster Versammlung und minimalem Raumgriff kann am ehesten mit der Piaffe beim trabenden Pferd verglichen werden und ist nur wenigen Pferden angeboren.

Paso Corto10a

Der Paso Corto ist vergleichbar mit dem Arbeitstrab und das bevorzugte Tempo im Gelände und für die gymnastizierende Arbeit in der Bahn. Der Raumgriff ist mittel bei ruhiger, gleichmäßiger Vorwärtsbewegung. Dabei soll das Pferd weder eine übertrieben Aktion noch ein zu hohes Tempo zeigen.

Ein gut konditioniertes Pferd kann stundenlang im Paso Corto gehen, ohne dabei sichtlich zu ermüden, was wiederum dem Reiter zu Gute kommt, der bequem und ausgeruht sein Ziel erreicht.

Paso Largo

Der Raumgriff und die Schrittlänge bei unterschiedlicher Versammlung sollen im Vergleich zum Paso Corto einen deutlich erkennbaren Unterschied aufweisen und wesentlich größer sein. Das Tempo variiert dabei von Pferd zu Pferd, da

  • Taktreinheit,
  • Rhythmus und
  • Balance

des Tölt nie zu Gunsten der Geschwindigkeit verloren gehen sollten. Talentierte Pferde können im Paso Largo durchaus Galoppgeschwindigkeit erreichen.

Noch mehr Gänge?

In Kolumbien werden alle Paso-Typen unter dem Oberbegriff „Caballo Criollo Colombiano de Paso“ zusammengefasst. Diese wiederum unterscheidet man in
„Paso Fino Colombiano“ (das ist der Pferdetyp, den man im Allgemeinen als Paso Fino bezeichnet),

  • „Trote y Galope Colombianos“,
  • „Trocha Pura Colombiana“ und
  • „Trocha y Galope Colombianos“.

Für den Laien ist spätestens an dieser Stelle die Verwirrung komplett, aber wir werden versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Trocha

Trocha ist eine traditionelle Gangart, die hierzulande als Trabtölt bezeichnet wird. Ein Pferd im Trocha hört sich an wie „tras… tras…tras … tras…“ (Trab mit Echo) und ist für das Ohr gut wahrnehmbar. Es ist nicht bekannt, wann der Trocha genau entstanden ist. Aber es ist erwiesen, dass viele der spanischen Conquistadores Trocha und/oder Tölt gehende Pferde bei der Kolonisation der rauhen Gegenden Kolumbiens einsetzten.

Junge Paso Finos zeigen zu Anfang ihrer Ausbildung unter dem Sattel oft Trocha, ehe sie mit vermehrter Kondition und Gymnastizierung sowie einem besseren Gleichgewicht zu einem taktklaren Tölt finden. Viele Paso Finos sind in der Lage, einen entspannten Trocha zu zeigen, ein echter Trochador hingegen wird niemals tölten.

Ein guter Trochador ist fast genauso weich zu sitzen wie ein Paso Fino, strahlt durch seine spezielle Art der Fortbewegung jedoch eine ganz eigene Faszination aus. Trochadores zeigen wesentlich mehr Aktion als Paso Finos und der Rhythmus, der beim Überreiten des Fino Strip zu hören ist, geht sofort ins Blut.

Trote y Galope

Der Trote ist ein reiner Zweitakt ohne Schwebephase. Dabei springen die Pferde von einem diagonalen Beinpaar auf das andere. Galope ist ein taktklarer und gut durchgesprungener Galopp mit viel Aufrichtung. Die Pferde werden entsprechend ihrem Naturell im Trote und Galope genauso wie im Trocha in relativ hoher Versammlung geritten.

Pferde im taktklaren Trote sind aufgrund des fehlenden Wurfes im Trab sehr weich zu sitzen und bieten sich vor allem für dressurmäßiges Reiten geradezu an. Sie erinnern im Typ und in ihrer Art der Bewegung ein wenig an die mittelalterlichen Pferde auf alten Kupferstichen, wie sie z.B. bei de la Gueriniére zu sehen sind.

In Europa spielen Trochadores genauso wie Trotones Galoperos neben den Paso Finos bisher eine sehr untergeordnete Rolle. Es gibt nur sehr wenige Pferde dieser Art, aber ihre Anzahl wird in der nächsten Zeit sicherlich steigen, da diese Pferde neben den bequemen Gängen viel Talent für die klassische Dressur und Barockreiterei mitbringen.

Wer ein

  • kleineres,
  • elegantes,
  • temperamentvolles und
  • feinfühliges

Pferd im iberischen Typ mit extrem bequemen Gängen sucht, ist hier genau an der richtigen Stelle.

 

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Vielseitig einsetzbar

Der Paso Fino demonstriert seine unglaubliche Bandbreite nicht nur im Showring oder auf dem Turnierplatz, sondern auch auf

  • Wander-,
  • Gelände- oder
  • Distanzritten,
  • in verschiedenen Westerndisziplinen,
  • bei Reiterspielen sowie

tagtäglich als unübertroffen gehfreudiges, trittsicheres, nervenstarkes, handliches und extrem leichtrittiges Freizeitpferd.

Nicht nur in den USA werden Paso Finos wegen ihrer extrem weichen Gänge immer beliebter als Pferde für Reiter mit Rückenproblemen oder Bandscheibenschäden und für therapeutisches Reiten.

Die Unterschiede in Temperament und Begabung sind innerhalb der Rasse weit gefächert. Wer wie die Südamerikaner Spaß an heißen Pferden hat, wird sein Pferd genauso finden wie der Freizeitreiter, der einen zuverlässigen Kameraden für den Gruppenausritt sucht.

Paso Finos sind in der Regel problemlos robust zu halten. Selbst aus den wärmeren Gegenden der USA importierte Pferde akklimatisieren sich erstaunlich schnell und sind auch während des Winterhalbjahres gut im Offenstall zu halten.

Sie wollen mehr wissen?

Für an den Paso Finos interessierte Leser bietet sich die Kontaktaufnahme mit der Paso Fino Vereinigung Europa e.V. an. Dieser im Jahr 2000 gegründete Verein ist die weit über Deutschlands Grenzen hinausgehende Plattform für den Paso Fino (incl. Trochadores und Trotones Galoperos) mit dem Ziel der Betreuung aller europäischen Mitglieder.

Er bietet Informationen für Mitglieder und Interessenten durch das Internet und in gedruckter Form, über den Paso Fino, Deckhengste und Verkaufspferde, besitzt ein eigenes Regelwerk für Zucht- und Sportprüfungen und führt eine Datenbank aller in Europa beheimateten Paso Finos.

Zu den Aktivitäten gehören neben der Ausschreibung und Organisation von Turnieren, Orientierungs- und Wanderritten, Lehrgängen und Seminaren vor allem auch die Kinder- und Jugendbetreuung.


27. November 2013